„d oder b…. b oder q ?“

Frühkindliche Entwicklungsschritte als Lernvoraussetzungen

Rückblick auf das Seminarwochenende mit JoepEikenboom

4./5. Oktober 2019 an der Tübinger Freien Waldorfschule

 

Als Förderlehrer haben wir häufig mit einem Verhalten des Schulkindes zu tun, das sich schon im ersten Jahrsiebt in Form von Gewohnheiten, Bewegungsmustern dem Kind eingeprägt hat. Manche Verhaltensweisen zeigen sich in der Schule beim Schreiben, Lesen oder Rechnen als Hindernisse im Tun und können durch reines Üben nicht überwunden werden. Kind und Lehrer stehen oftmals ratlos „davor“. Diesen Rätseln versuchen wir als Förderlehrer auf die Spur zu kommen und sie zusammen mit dem Kind schrittweise aufzulösen.

An diesem Wochenende betrachteten wir zusammen mit Joep Eikenboom die Entstehung erster Verhaltensmuster beim Säugling. Wir blickten auf den Dialog des Kindes mit seiner Umwelt in den ersten Lebensmonaten, seiner Orientierung im Raum sowie den erste Schritten bei der Überwindung der Schwerkraft. Nach und nach ergreift so der Säugling seinen Leib und differenziert seinen „Körpereinsatz“ durch immer feiner abgestimmte, gezieltere und willentlich geführte Bewegungen aus.

Die Impulse für diese Entwicklungsschritte gehen sowohl vom Kopf, wie aber auch von den Gliedmaßen aus. J.Eikenboom wies deutlich auf die Tatsache hin, dass der Weg über das Tun, also über die körperliche Ebene, Entwicklung stattfinden lässt und so auch Gewohnheiten in Form von unbewussten Verhaltensmustern einprägt. Fehlt ein Lernschritt in einem Verhaltensmusters, so bildet sich auf der nächst höhere Stufe das folgende Verhalten nur unzureichend aus. Am Beispiel der Zunge konnten wir diesen Schritt gut nachvollziehen. „Lernt“ die Zunge zunächst die Nahrungsaufnahme und nimmt unterschiedliche Geschmacksrichtungen wahr, so prägt sich dies Gelernte ein. Dann erst bildet der Säugling erste Lautformen. Sie sind anschließend die Basis für das nachfolgende Sprechen. Im Weiteren entwickelt sich das Denken auf mentaler Ebene. Alle vorherigen Stufen sind Voraussetzung dafür. Das Denken kann dann noch auf geistiger Ebene weiterentwickelt werden kann z.B. auf dem Weg des Meditierens.

Diese ersten körperlichen Lernprozesse des jungen Menschen wurden von J.Eikenboom stets in anschaulicher Art und Weise aus natur- wie aus geisteswissenschaftlicher Sicht dargestellt. Fragen: Wie prägt sich ein Verhalten in den Körper ein? Welche Wesensglieder sind dabei beteiligt? Warum findet eine Spiegelung beim Schreiben statt? vervollständigten unseren Themenkreis an diesem Wochenende. Alle menschenkundlichen Betrachtungen führten uns Schritt für Schritt zu einem tiefen Verständniss der Menschwerdung im ersten Jahrsiebt.

Bei praktischen Übungen lernten wir unsere eigenen, unbewusst ablaufenden Bewegungsmuster kennen und versuchten sie ggf. auch zu verändern. Kein leichter Weg. (Manche dieser Übungen sind dem Buch von A. McAllen DIE EXTRASTUNDE entnommen.)

Herzlichen Dank an J. Eikenboom für die tiefen Einblicke, die er uns gegeben hat, aber auch für seine Begeisterung an den Inhalten. Er ermutigt uns, selber als Forschende tätig zu werden und die Rätsel der Kinder zu ent-decken – und nicht nur jenes aus der Überschrift.

Wir freuen uns schon jetzt auf die gemeinsame Arbeit in 2020!

Wer an den menschenkundlichen Grundlagen der ExtraStunde interessiert ist, dem sei das Buch von Joep Eikenboom FOUNDATIONS OF THE EXTRALESSON empfohlen. Dies, wie auch die erweiterte Neuauflage der EXTRASTUNDE von A. McAllen wurden von Sonja Defieber-Haering und Beate Schram übersetzt. Wir freuen uns auf ihr baldiges Erscheinen!

Ute Ebenritter